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Energiehandel fordert politischen Rahmen für Markthochlauf von grünem Heizöl
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Öl-Hybrid-Heizungen für klimaneutrales Heizen in Bestandsgebäuden
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Heizölversorgung trotz Ölembargo gesichert
Das Programm der Jahrestagung des Verbands für Energiehandel Südwest-Mitte e.V. (VEH) am 29.06.2022 in Ulm musste große Brücken schlagen. Von der generellen Lage im Wärmemarkt und der Energiewende, die seit vielen Jahren das zentrale Thema der Branche ist, führten die Vorträge und Diskussionen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, zu den neuesten Gesetzesvorhaben aus Habecks Klimaministerium und schließlich zur Frage, welche Rolle die mittelständischen Energiehandelsunternehmen in der Region dabei einnehmen.
Versorgung mit Heizöl trotz Ölembargo sicher
Am 3. Juni hat die EU das 6. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen – darin auch das Ölembargo. Die Versorgung der deutschen Raffinerien mit Rohöl ist heute bereits, mit Ausnahme von Schwedt in Bandenburg, auf alternative Lieferketten, bspw. über die Rheinschiene, umgestellt. Darüber hinaus sichert die nationale Erdölreserve des Bundes die Versorgung mit Heizöl und Kraftstoffen über ca. drei Monate ab. Nicht zuletzt können sich viele Haushalte, die Heizöl nutzen, über den eigenen Tank für deutlich über ein Jahr, teilweise sogar bis zu drei Jahren, mit Heizöl bevorraten und haben dies auch getan.
Wärmewende braucht auch moderne Öl-Hybridheizungen
Die Diskussion über die Abhängigkeit von einzelnen Rohstofflieferanten im Zuge des Ölembargos zeigt wie gefährlich es ist, allein auf eine Lösung für die Versorgung der Bevölkerung zu setzen. Der Ruf nach Diversifizierung ist daher nicht nur richtig und wichtig, wenn es um Rohstofflieferanten geht, sondern bleibt auch mit Blick auf die technische Umsetzung der Energiewende im Gebäudesektor – also in der Wärmewende – hochrelevant.
„Wir fordern seit Jahren eine technologieoffenere Debatte über klimaneutrale Lösungen im Wärmemarkt,“ berichtet der VEH-Vorstandsvorsitzende Thomas Rundel, selbst Energiehändler aus Singen. „Wir dürfen uns nicht von einer scheinbar einfachen All-Electric-Lösung verleiten lassen. Neben den baulichen Hürden für Bestandsgebäude müssen wir auch hier die Frage nach der Krisensicherheit stellen, wenn die Wärmeversorgung aller auf nur einem System beruht“, gibt Rundel zu bedenken und fordert: „Eine moderne Gebäudeheizung muss als Kombination bspw. aus Solarthermie oder strombetriebener Wärmepumpe und ölbetriebenem Brennwertkessel gedacht werden können, sodass die Stärken zweier Systeme zu Gunsten der Klimaneutralität und der Versorgungssicherheit miteinander kombiniert werden.“
Das Öl, heute noch mehrheitlich fossiles Heizöl, kann dafür zukünftig klimaneutral aus grünem Wasserstoff oder Biomasse produziert werden und soll nur dann zum Einsatz kommen, wenn eine Wärmepumpe aufgrund kalter Temperaturen nicht mehr effizient arbeitet. „Diese klimaneutralen, flüssigen Brennstoffe, auch E-Fuels, Greenfuels, Bio-Fuels oder FutureFuels genannt, werden nicht im gleichen Maße wie fossile Öle zur Verfügung stehen“, räumt VEH-Geschäftsführer Hans-Jürgen Funke ein. „Durch verbesserte Dämmung und vor allem durch die Einbindung anderer erneuerbarer Energiequellen in die hybriden Heizsysteme werden sie aber auch nicht im gleichen Umfang benötigt.“
Öl-Hybridheizungen erfüllen künftige gesetzliche Ansprüche
Nicht nur der Krieg auf europäischem Boden und seine Auswirkungen verunsichern Verbraucher. Auch die nationale Energiegesetzgebung wird immer unübersichtlicher. Bisher galt es als gesetzt, dass der Einbau eines einfachen Ölbrennwertkessels in ein Bestandsgebäude bis Ende 2025 problemlos möglich ist. Die Novelle des Gebäude-Energie-Gesetzes (GEG), die derzeit abgestimmt wird, kommt über ein Jahr früher als geplant und sieht zudem vor, die genannte Frist um zwei Jahre zu verkürzen. Entsprechend sollen ab 2024 alle bspw. im Zuge eines Kesseltausches neu im Bestand installierten Heizungen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien einbinden. Das stellt vor allem Eigenheimbeisitzer vor große finanzielle aber auch bauliche Herausforderungen.
Wer bisher mit Öl oder Gas heizt, muss dann im Falle einer nötigen Modernisierung deutlich mehr investieren. Wenn Öl- oder Gaskessel schon ab ca. 12.000 Euro zu haben sind, kosten bspw. Pelletkessel fast das Doppelte und benötigen u. a. sehr viel mehr Lagerraum. Hybridheizungen mit Solarthermie oder Wärmepumpen sind ebenfalls deutlich teurer. Die Gesamtkosten für die Installation einer neuen Heizung sind aufgrund der örtlichen Gegebenheiten von Haus zu Haus verschieden. Das GEG kennt jedoch Ausnahmen: Führt eine gesetzeskonforme Modernisierung zu unbilliger Härte, oder wohnt man selbst seit mindestens 2002 im eigenen Haus, entfällt die Pflicht. Aber auch schon ein einfacher Kesseltausch trägt ab sofort durch die höhere Effizienz und damit geringeren Verbrauch zur CO2-Minderung bei. Meist kann das System sogar später noch um erneuerbare Energiequellen erweitert werden. Denn viele der aktuellen Modelle sind bereits für den Betrieb mit 100 Prozent E-Fuels geeignet.
Energiehandel mit regionaler Expertise für die Wärmewende
Wer vor der Aufgabe steht, eine neue Heizung zu wählen, sucht Rat unter anderem bei seinem bisherigen Brennstofflieferant. „Als Händler vor Ort sind wir Ansprechpartner für unsere Kunden und Nachbarn. Wir informieren über die aktuelle und absehbare Gesetzeslage und erklären verschiedene Heizsysteme. Wir verstehen uns sozusagen als Übersetzer“, beschreibt Rundel die Rolle des Energiehandels in der Wärmewende. Viele Unternehmen im VEH haben sich in den vergangenen Jahren breiter aufgestellt, verkaufen neben Heizöl und Kraftstoffen auch Gas, Strom oder Holzpellets. „Wir würden liebend gern auch E-Fuels vertreiben, es gibt aber keine freien Mengen auf dem Markt“, so Rundel und fordert klarere politische Weichenstellungen für eine technologieoffene Energiewende.
E-Fuels könnten nicht nur im Wärmemarkt, sondern vor allem auch im Transportsektor als Kraftstoff eingesetzt werden. Daher begrüßen wir die am Mittwoch vereinbarte Position der Bundesregierung, Verbrennermotoren über die EU-Regulierung nicht per se zu verbieten, sondern sie unter der Prämisse des klimaneutralen Betriebs weiterhin zulassen zu wollen.
Über VEH:
Der Verband für Energiehandel Südwest-Mitte e. V. (VEH) vertritt die Interessen von rund 350 vorwiegend mittelständischen Mitgliedsfirmen aus dem Brennstoff- und Mineralölhandel. Die Mitgliedsunternehmen decken rund 80 Prozent des Marktvolumens aller im Verbandsgebiet ansässigen Händler ab – dies entspricht etwa einem Drittel des gesamtdeutschen Brennstoffmarktes.
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